Montag, 23. September 2019

Watergate

So, da hol ich euch mal wieder ab, ist ja schon wieder ein bisschen Zeit vergangen...

Ich war letzte Woche beim Neurologen. Ihr erinnert euch? Polyneuropathie? Muhahaha. Das treibt jetzt Stilblüten oder wie das heißt, ich krampfe in den Schienbeinen, den Zehen und seit heute auch in den Händen/Fingern - die Zehen stehen senkrecht, übereinander, untereinander - ein ungeordnetes Chaos, ein Quell steten Schmerzes. Und heute dann... Tatatatata - standen meine Finger übereinander, ich musste sie auseinanderziehen, um wieder die alte Ordnung herzustellen. Magnesium hoch dosiert maximal 5 Tage, macht es aber auch nicht besser und ich kann dann die Wohnung nicht mehr verlassen, weil ich davon fett Durchfall bekomme.

Neurologe hat die fiese Messung durchgeführt, die Polybla ist besser als vor einem Jahr,  die Werte sind aber noch unschön. Die Krämpfe kommen, weil die Nervenbahnen die Muskelbahnen nicht mehr gut versorgen können - dat is dann mal jetzt so. Aber halt - nee - es gibt Abhilfe. Ihr ahnt es schon, es ist nicht schön - Botox. Botox in die Muskeln injizieren, alle drei Monate, rein in die Füße, die Muskeln können sich nicht mehr zusammenziehen und Tina hat weniger Beschwerden. Ampulle kostet 200 € - ob das wohl die Krankenkasse zahlt? Na? Nein! 

Ich gelte als gesund, voll arbeitsfähig und möchte eigentlich nur noch im Strahl kotzen. 

Dann begab es sich, dass ein Jüngling von 15 Jahren sich Badewasser einließ, abends, 21.30 h, ich schlief schon. Jüngling vergaß das Badewasser, Wanne lief fröhlich über, Jüngling erinnerte sich siedendheiß, rannte los, schlug ob der Wassermassen auf die Fresse, in die Badezimmertür und ich wurde dann gegen 4.00 h wach, weil der Wäschetrockner lief, überall Licht an war, die Fenster offen, die Wanne voll mit allen Handtüchern, Bademänteln, Lappen, Geschirrhandtüchern - was man halt so finden konnte, um der Wassermassen Herr zu werden. Gott sei Dank wohne ich im EG, aber selbst im Keller waren Wassermassen wegzufeudeln und zu beseitigen. Laminat hinüber, Wasser steht unter der Trittschalldämmung, Versicherungen messen eine Luftfeuchtigkeit von 100 % - und dann.... Asbest. Jawoll. In mia Casa. 

Wir müssen jetzt hier raus, die Bude muss asbestsaniert werden, überall muss Laminat neu verlegt werden, die Küche muss komplett ausgebaut werden, mit Einlagerung meiner Möbel kommen wir hier locker auf 40.000 €, noch unklar, wer was zahlt. Suche jetzt händeringend eine Unterkunft für den Jüngling und mich und war gestern nur am Heulen. Mia Casa! Meine Festung. Ich kann hier kaum raus, ohne Schnappatmung zu kriegen, ich komme da draußen auf den Strassen kaum klar und soll jetzt für drei Monate in eine Unterkunft ziehen, die mir vielleicht kein Gefühl der Sicherheit gibt. Ich bin am Kisten packen, am Entmüllen - und meine Seele schreit mal wieder. Mein Zimmer, meine Couch, meine Wohnung - ich kann hier eigentlich nicht raus, aber ich muss. Ich versuche, die Wohnung zum 7.10. zu räumen, ggf. geht es nach Lichtenrade zu meiner Familie, was aber einen schönen Arbeitsweg bedeutet, und außerdem habe ich hier in Friedenau drei feste Termine pro Woche (Lymph + Psycho), habe keine Ahnung, wie ich das wuppen soll. Ich streichele mir täglich mehrfach über den Kopf, feuere mich an und hab immer noch keine Reserven.

Hinzu kommen die Schmerzen, weil das Letrozol mich ärgert, die Polybla und ich sind eins, ist mir schon egal. Und ob da was krampft oder nicht... Ich zerre es auseinander, bringe die Zehen und Finger in Form und freue mich jeden Tag, dass ich lebe - leben darf. Und manchmal, aber nur manchmal hinterfrage ich, ob das wirklich so lebenswert ist und ob es das alles Wert war. 

Bin was dünnhäutig, bin wütend, hätte gerne was zurück für die letzten Monate (vielleicht so ein Bienchen oder so oder ein Jahr ohne Armageddon) und freue mich schon, wenn ich nur 3 x am Tag krampfe.

Was es nicht alles gibt.

Fühlt euch gegrüßt da draußen, macht weiter und überhaupt :-)

Tina Nixe Asbestus - was übrigens krebserregend ist. Wenn ich Amerikanerin wäre, würde ich klagen und wäre reich :-)

Samstag, 13. Juli 2019

hätte hätte Fahrradkette

Ist ja hier wie mein Tagebuch - und wenn es auch kaum noch einer liest.... Wurscht

Da bin ich also durch das Tal der Tränen, immer mit der Ansage für mich, dass ich mein Leben zurück will.

Krieg ich aber nicht - ätschebätsch. Mein Job - mein mir alles heiliger Job - den gibt es nicht mehr. Geh immer noch "nur" 4 Stunden ins Büro und gebe Urlaub dafür her. Wenn ich mal ne Stunde geackert und gesessen habe, steh ich auf und mir tut alles weh! Ich muss mich einknacken, renken, laufen, beten und hoffen, dass ich wieder geradeaus komme. 

So what. Bin ich Herrn Tod von der Schippe gesprungen, um jetzt durchs Leben zu taumeln. Zu sehen, wie Wegbegleiter, die ich neu kennengelernt habe, jetzt darum kämpfen, noch Monate/Jahre hier mit uns zu verbringen. 

Alter Verwalter - da marschiert man durch - und ist dann auch ziemlich alleine unterwegs. Alle haben ihr Leben, man selber will auch zurück und Teil davon sein, aber hahahahaha nö ist nicht. 80 % schwerbeschädigt,, die performt eh nicht mehr - doch würde ich ja, auch unter Schmerzen, aber da ist ja tatsächlich so eine vorurteilsbelastete Masse unterwegs- herje.

Ihr meine Süssen, die ihr in Runde 2 gegen den Krebs seid, bin bei euch, auch wenn mir das Kraft raubt, aber wie könnte ich weggucken. 

Ich habe "nur" mit der Polyneuropathie zu kämpfen und verliere immer öfter - aber ich lebe! Und verfluche jedes morgendliche Vogelgezwischter ;-) 

Bin bei euch - die ihr kämpft - Jessie und Monica! 

Still alive hahahahahaha staying alive oder so :-)

Tina

Ihr schafft das! In eurem Tempo und nach euren Plänen.


Mittwoch, 1. Mai 2019

lasst mal reden....

Da bin ich abgetaucht, im Sinne der Sache unterwegs, immer weniger Schmerzen zu haben und wieder ein vollwertiges Mitglied der Gemeinschaft zu werden....

1-2 x die Woche Rehasport, 2 x die Woche Lymphdrainage, 1 x die Woche Gruppentherapie, alle zwei Wochen Einzeltherapie.

Ärmel hochkrempeln, los, Gehstock (Nordic Walking) immer dabei und losgerannt. Atemnot auch ein ständiger Begleiter, ignoriere ich inzwischen, der Krebs hat mich nicht getötet, also tut es die Atemnot auch nicht. Aber sie macht Angst.

Gespräche mit meiner Psychologin, kaum zum Thema Krebs sondern  zu meinem Leben, lange alleinerziehend, drei Jungs, alles gewuppt - nur wie?

Seit einer Woche bin ich wieder arbeiten. Vier Stunden am Tag, ich gebe meinen Urlaub her, damit ich 3-4 Monate nur vier Stunden am Tag arbeiten muss. Wisster noch? Ich will meinen Alltag zurück? Einen Scheiß will ich. Sitze im Büro wo kaum noch jemand sitzt, den ich kenne und starre vier Stunden am Tag mehr oder weniger aus dem Fenster, weil alle denken, ich bin nicht mehr belastbar, weil ich ersetzt worden bin, was okay ist, aber warum lässt man mich nicht weiter gesunden, warum muss ich dahin? 

Der Krebs machte mich nicht schlaflos, jetzt sitze ich hier, finde keinen Schlaf und frage mich, was ist denn jetzt? Wie komme ich jetzt durch? 

Ich war bei der Rentenberatung, selbst das ist ein Thema für mich, ich kämpfe, um wieder zu stehen - auf meinen Füßen, mit weniger Schmerz und möchte nur noch den Stinkefinger in die Gegend zeigen.

Ihr in den Behörden, wir würden gerne wieder funktionieren; aber wir haben dieses DSchwert über uns, ich insbesondere die Nebenwirkungen der Chemo, ich frage mich immer wieder, wer jetzt sagt, dass ich wieder arbeiten gehen muss - eigentlich 8 Stunden, jetzt gebe ich Urlaub her, da ich es nicht geschafft habe, innerhalb der Krankengeldzahlung ins Hamburger Modell zu steigen. 

Hab jetzt Tage, da gehe ich um 11.00 h zum Sport, bin dann um 13.00 h im Büro, gehe um 17.00 h und habe dann Gruppentherapie bis 19.30 h. Und meine Füße brüllen vor Schmerz. Mehr als 4 Stunden in Schuhen ist ein NoGo...

Merkt ihr wa? Ich bin etwas fassungslos und stehe zu meiner Aussage - in meinem Tempo. Will mich ja nicht bereichern, aber langsam gesunden, schmerzfrei werden.

Schüttel mein weises Haupt, bin fassungslos. Hab einer meiner Rehafrauen, sie hat jetzt Metastasen in den Knochen, der Leber, kämpft jetzt, um noch zu leben. Ich kämpfe, um mal ein paar Stunden schmerzfrei zu sein. 

Klar, auch die mir nahen Leute denken, Mensch, jetzt isse durch, muss doch mal besser werden. Denke ich auch. Und tue immer noch viel dafür. Meine Onkologin sagte, zwei Jahre nach der Chemo geht es aufwärts, dann hat man gut entgiftet. Meine letzte Chemo war am 14.05., hab fast ein Jahr rum. 

Uhunund - ich will den Port entfernen lassen. Atme seit Monaten durch, denke, ich greife an und lass das Ding rausnehmen. Aber ich will doch keine Vollnarkose. Und ich will doch keine Schmerzen. Kann ich ja gar nicht mehr ab. 

Es sind so viele Nebenwirkungen, die mich begleiten, immer noch. 

Und übrigens - ich sehe immer noch Scheiße aus ;-) Haare hab ich immer noch nicht schön, sind kraus und ich würde mich freuen, wenn Brustkrebsfrauen mir schreiben, wie sie zurück in den Alltag sind. War mir ja immer sicher, dass mein Job auch sicher ist, hahahaha - nö, ist und war er nicht.

Ich lebe, es wird step by step besser und ich umarme die Welt und feiere jeden Tag, den ich halbwegs genießen kann, den ich überlebe.

Hab euch lieb :-)

TG (sprich: Tijie)

Donnerstag, 31. Januar 2019

Der normale Infekt

Da mach ich nun schon so lange blau und was soll ich sagen?

Ich bin krank. Richtig krank. Zum ersten Mal normal krank. Allerdings mit allen grippalen Symptomen, die man so kennt, und Fieber seit fast fünf Tagen. Fühlt sich gut an. Normal krank. Allerding bin ich doch erschrocken ob der Heftigkeit. Ist wahrscheinlich dem spärlich vorhandenem Immunsystem zu verdanken? 

Obwohl ich mich gerade in mein Rehaleben eingegrooved habe, 2 x zum Rehasport pro Woche bin, 2 x zur Lymphdrainage und was man alles so für Quatsch macht. Und jetzt wirft mich dieser Infekt mächtig zurück. Macht mich sauer. Ich wollte vorwärts.

Die Füße - bla, die Hände auch immer noch, aber in kleinen Schritten krabbel ich vorwärts.

Nun ja - so ein Infekt. Trinke ich halt Ingwer (und wehe man nennt mich Lügnerin), trinke ich Kräutertees (leises Weingeräusch meinerseits vorstellen), trinke ich ganz viel Flüssigkeit, an der ich fast ertrinke. Aber ich bin ja im Training! Kann mich nicht schocken.

Im April erwartet mich die Arbeitswelt dann wieder, oder auch nicht, es bleibt spannend und mir ein Rätsel, wie ich eine 40-Stunden-Woche hinter mich bringen soll. Ich sage mir jeden Tag die Namen meiner drei Kinder auf und ihre Geburtsdaten, damit hat es sich dann aber auch. Der Satz, den ich in den letzten Monaten am meisten gehört habe? "Hast Du mir schon erzählt!!" Na und! Ich darf das. Kleiner Knigge im Umgang mit Chemogeschädigten: Freundlich nicken und winken :-) Irgendeine Ärztin meinte (welche war das nur?), das gäbe sich wieder... Sagte sie auch wann?

In diesem Sinne: Euch allen ein gesundes und frohes Jahr 2019.

Tina G aus B




Montag, 7. Januar 2019

2019 muss rocken

Da bin ich - immer noch - immer noch mit all der Wucht der Polyneuropathie und dem Wissen, dass das Arbeitsleben mich spätestens zum 23.04.2019 komplett wieder hat. Und was soll ich sagen - es raubt mir den Atem.

Das, was mich auch ausgemacht hat - war zum großen Teil mein Job. Jetzt fühle ich mich fremd. Ich war vor Weihnachten nach über einem Jahr mal wieder im Büro (hier bitte leise Würgegeräusche vorstellen) und fühlte mich fremd, in dieser Welt, die mal sowas von meine war. 

Was bleibt? Was kommt? 

Montag - Rehasport
Dienstag - Lymphdrainage
Mittwoch - Rehasport
Donnerstag - Psychologin
Freitag - Lymphdrainage

Herrschaftszeiten - ich kann so nicht arbeiten. Und ab Februar kommt noch Gruppentherapie hinzu - keine Angst - ich werde meinen Namen nicht tanzen :-)

Kann ich so tun, als wäre nichts gewesen und wieder im Büro ackern? 220 Anschläge die Minute sind - Polyneuroblabla sei Dank - nicht mehr drin. Mitdenken, sich was merken, auf Zack sein - Chemobrain sei Dank - auch nicht. 

Na ja, und dann könnte ich hier noch über diese wunderbare Königspudelfrisur referieren, ich lass es mal lieber :-) Volles krauses Haar, immer noch recht ponylos. Okay ich wollte ja nicht, aber....

Wohin hat das alles geführt. Ich war voller Angst, am Anfang, ich war voller Wut, Trauer, Hoffnung - jetzt ist bitte schön wieder Normalität angesagt. Aber kann ich nicht mehr. Ich geh meistens immer noch mit Stock wankend durchs Leben, meine Gelenke brüllen mich an, nicht ein Tag ohne Schmerzen. Ich bin mürbe. Und finanziell am Limit. Ergo: ich muss arbeiten.

Ich hab das noch nicht zu 30 % verarbeitet, was mir da die letzten 15 Monate passiert ist, wie kann ich da wieder back to normal versuchen? Soll das so sein?

Ich kann keine Stunde am Tisch sitzen, ich muss Füße hochlegen, wahlweise laufen, bin immer noch so wütend und hätte gern die ersten Taxolsitzungen zurück. Da bin ich durchs Leben gerannt, war hier gucken, da in die Läden, hier "hingerannt" (Sister K wenn Du jetzt lachst, klatscht es :-) ). 

Die Nebenwirkungen vom Aromatasehemmer sind ein Träumchen, neben der Polybla kaum auszuhalten - gibt es wirklich keine Aussicht auf ein einigermaßen normales Leben? 

Habe im März die nächste Mammo mit Sono und jetzt schon leichtes Herzklopfen. 

Und ich schwöre - kein Mensch in meinem Umfeld kann das noch hören. Ich auch nicht. Wenn ich Leute am Telefon habe, die fragen, wie es mir geht, sag ich "gut". Und denke "nicht". Wie viel Ehrlichkeit geht noch. So viele tolle Menschen an meiner Seite, keine Chemo ohne Begleitung, keine Bestrahlung alleine - aber der Krug, Brunnen, bricht oder so. 

Viele tolle Menschen kennengelernt, aber alle irgendwo am Limit, nach fast 1 1/2 Jahren struggle for life - gewidmet meinem schwäbischen Biolehrer, der das so oft so nett ausgesprochen hat, dass ich noch heute kichern muss.

Ich kann noch kichern, lachen, aber weniger. 

Ich will mich neu erfinden, irgendwie, will beruflich irgendwas, aber was? 

All der Kack fiel auch in eine Zeit, in der die Kinder flügge wurden, flügge werden müssen, wieder ne Aufgabe weniger für mich. 

In der Psycho geh ich durch Tiefen, die ich nicht mal erahnen konnte. Ich finde, Krebs, Chemo, Bestrahlung reichen eigentlich schon, da muss ich mein Leben nicht aufdröseln, findet meine Therapeutin leider nicht. Also geh ich in mich, krempel mich um, erfinde mich leider nicht neu und lebe immer noch :-)

Das mich das nach dem Ende von allem so aus der Bahn wirft, hätte ich nicht gedacht., Ich dachte, ich mach das mal, dann bin ich da durch, dann stehe ich auf. Und liege leider immer noch sehr viel. 

Ich weiß, hier liest kaum noch einer und ich war auch versucht, den Blog zu schließen, aber nö. Der ist jetzt ein Teil von mir. 

Also wer mag, der ist dabei (dasindwirdabeidasistprimaaaaaaaaaaaaaaaaa), nicht mehr ganz so regelmäßig und ich weiß, ich werde aufstehen. Mein Opa war ein Kämpfer, und ich hoffe ich hab was von ihm. 

Keine Ahnung, gegen was ich jetzt kämpfe, das sind nicht die Geister, die ich rief, das ist mir einfach so passiert. Und ich nehme es zum Teil an, aber nicht voll. 

Okay, ziemlich tiefschürfend heute hier, aber muss ja auch mal sein :-)

Danke fürs Lesen, Danke für euren Zuspruch!

Tina - hobbylos leider :-)