Montag, 26. Februar 2018

Mother and Sons

Jetzt mal kurz ne Lanze fürs Kortison brechen: Freitag ging es mir sehr gut, ich hatte einen rosigen Teint, alles in allem ein Tag der Hoffnung. Den Augen ging es gut, keine Spur von Übelkeit. 

Und dann Samstag der Einbruch. Ich konnte mich kaum ohne Schmerzen bewegen, jeder Knochen, jeder Muskel (? wo) tat mir weh und permanent schnaubte ich Blut. Ich drehte mich auf der Couch von links nach rechts, nicht ohne bei jeder Bewegung leise zu stöhnen. 



Half ja alles nix, drei Kinder wollen versorgt werden, die Lotterunde im Grunewald stand an. Also hoch vom Sofa, Zähne zusammengebissen und Alltag gelebt. Sonntag war es ähnlich, aber da ich ja auch den Pokal Mutter 2018 anstrebe, stand hier Punkt 12.00 h mittags das Essen auf dem Tisch! Ich bin meine eigene alte Frau :-)

Nun stöhne ich so leise vor mich hin und frage mich, was das denn nun wieder ist. Und wenn es ganz schlimm kommt, hole ich mir einfach die Erinnerung an die große Chemo und diese unsägliche Übelkeit und den Schwindel zurück und dann geht es eigentlich wieder. Ich will das jetzt hier durchziehen, unterbrechen ist keine Alternative. Im Mai will ich mit der Bestrahlung anfangen. Punkt!

Ob der blutenden Nase habe ich mich allerdings nicht getraut, mal ein Schmerzmittel zu nehmen. Ich war ja kurz versucht, die Onkologin anzurufen. Hab dann aber doch davon abgesehen, weil ich die Aufmerksamkeit nicht auf mich lenken wollte. Die hat bestimmt vergessen, dass es mich gibt :-) Und das ist gut so.

Ich gestehe: Yo no hablo español

Aber bleiben Sie dran, wenn es auch die nächsten Tage heißt: Tina macht vielleicht mit ihrem Spanischkurs weiter. (so baut man doch nen Spannungsbogen auf oder?)

In diesem Sinne

Tina 

Donnerstag, 22. Februar 2018

Ich möchte ein Eisbär sein.... Taxol die erste

Krebs ist ein Arschloch - wer immer das erfunden hat.

2. Versuch heute - Britta war schon wieder fast pünktlich, ich komme aus dem Staunen nicht mehr raus :-)

Erste Gute Nachricht: Meine Leukos sind wieder im Normbereich, die Show kann beginnen. Noch während mir die Vorlaufmedikamente angehangen werden, kommt mir das große Heulen. Wir waren in kleiner illustrer Runde, noch zwei weitere Patienten, zwei Chemoschwestern, für mich gab es kein Halten mehr. Bitte weglesen, wer es nicht mehr hören kann: Ich will mein Leben zurück. In den Vorlaufmedikamenten ist u. a. Kortison (Bikinifigur adé), ein Antihistamin, da es häufig zu allergischen Reaktionen auf Taxol kommt - und dieses Zeug macht einfach sehr müde. Die zweite gute Nachricht, die mir verkündet wurde: Unter Taxol kommt es nicht zu dieser ekelhaften Übelkeit, sondern nur zum Absterben der Nerven in Fingern und Füßen. Um dem entgegenzuwirken, packt man seine Hände in Eishandschuhe und die Füße werden in ein großes Coolpad gewickelt, was Schwester Britta M auf meinen mehrfachen Befehl ab- und wieder anwickeln musste. GsD schien den ganzen Tag die Sonne durch das Fenster in der Praxis, ich wäre sonst erfroren. Das Erkalten der Hände und Füße soll dafür sorgen, dass der Wirkstoff dort nicht ankommt und die Nervenbahnen weniger geschädigt werden. Also Zähne zusammenbeißen und kühlen kühlen kühlen.

Das musste sein - ich bin keine Julia, aber stellt euch einfach für Tina vor - und das nette Lächeln der Schwester... Ein Mordsgaudi, das Zeug anzuhängen und einlaufen zu lassen :-) Ich kriege mich kaum ein vor Lachen :-) Here we go:



In der Tat konnte ich die Praxis ganz gut auf eigenen Füßen verlassen, nur Frau Schwindel war anwesend und eine dolle Müdigkeit. Als Gegenmittel soll ich jetzt viele kleine Spaziergänge machen, um die Füße zu bewegen und die Nerven in Schwung zu bringen. Muhahaha. Spaziergang Nr. 1 führte mich heute direkt auf die Couch und in das Land der Träume. Unterbrochen nur von 20 kg, die sich mehrmals mit Schwung auf mich warfen:



Ist ein bisschen unscharf, aber wenn sie kam, dann immer mit Anlauf. 

Die 2. Runde ist eröffnet, das macht mich irgendwie auch froh, dass es weitergeht. Ich bin froh, dass die Sonne zur Zeit so oft scheint, wann immer ich kann, tanke ich 5 Minuten davon dick eingepackt, da es ja doch eisig frisch ist. In meinem Kopf gerade so: Warum bin ich so fröhlich, so fröhlich, so fröhlich, warum bin ich so fröhlich, so fröhlich war ich nie *sing* 

Morgen - ich schwöre - babbel ich wieder ein bisschen, um der spanischen Sprache näher zu kommen. 

Und jetzt muss ich los, mein Füße eincremen, mehrmals täglich die Übungen mit dem Igelball machen und mein Zahnfleisch pflegen. Ihr seht: Ich bin einfach sehr beschäftigt :-)

In diesem SOnne - olé

Tina - Chao

Mittwoch, 21. Februar 2018

Wenn schon ScheiXe, dann...

mit Schwung.

Saß ich gestern ab nachmittags auf meiner Couch, nervös, mit Puls in Erwartung der Chemo heute. Kommt meine Freundin B heute tatsächlich fast pünktlich, wir sind pünktlich beim Onkologen und richten und häuslich ein, kommt nach 30 Minuten: Frau G. kommen Sie mal nach vorne bitte - wir haben ihr Medikament nicht da. Grmpf! 

Darf ich heute nochmal mit Puls nervös auf der Couch darben und morgen erneut anrennen. Leider sind meine Leukos auch im roten Bereich, so dass sie mir heute Blut abgenommen haben, um zu gucken, wie der Wert aktuell ist. Bitte Daumen drücken! Ich will morgen meine Portion Taxol bekommen. Auf Anraten einer Leidensgenossin war ich kurz versucht, Rote Beete zu mir zu nehmen - aber so hoch ist der Leidensdruck dann doch nicht. Ich versuche es erstmal wieder mit Tees. 

Pünktlich zum Festtag kam dann die Rechnung von der Apotheke für Chemo Nr. 4, ich musste (auf Befehl der onkologischen Praxis) das nichtwirkende Aciclostad gegen Herpes kaufen und Tropfen für meine geschundenen Augen, natürlich auf Privatrezept. Sollte einer meiner Leser/-innen eine Apotheke besitzen, würde ich mich glatt beteiligen :-) Der Tag kann dann auch weg.

Sie heißen ja sicherlich nicht zu Unrecht "kleine Chemo" - aber ich habe fast mehr Schiss als vor den großen. Da wusste ich inzwischen, was mich erwartet. 

In diesem Sinne, macht das Beste aus diesem Tag.

Tina - taxollos mit Puls


Samstag, 17. Februar 2018

Ich glaub, ich seh nicht richtig

Heute mal wieder ein kurzes Lebenszeichen, habe jetzt so mit Herrn Schwindel und Frau Kreislauf vor mich hingewurschtelt, mir Gedanken über die kommenden "kleinen" Chemos gemacht und versucht zu essen und zu trinken. Was soll ich sagen: Ich hasse Tees! Ich hasse Wasser! Ich hasse trinken!

Desweiteren sind mit auf den letzten Metern doch tatsächlich die Wimpern ausgefallen (Brauen sind noch da :-) ) - und das ist in der Tat unangenehm. Die Augen sind feucht und klebrig, schlecht gucken kann ich jetzt richtig gut. Ich habe das an anderer Stelle schon gepostet, aber hier lesen ja auch Menschen mit ähnlichen Erfahrungen mit. Hat jemand einen Tipp, was ich meinen Augen Gutes tun kann? Momentan renne ich bei grauem Himmel so durch die Wohnung, das lindert etwas:


(Ja ich weiß, dass da noch der Weihnachtsstern hängt, aber ich darf das...)

Jegliche Tipps sind gern genommen.

Habt alle ein schönes Wochenende.

Tina - mit verschwommenen Konturen :-)

Montag, 12. Februar 2018

Oops I did it again

Jawoll: Ich gestehe. Letze Woche habe ich es getan und mir ne Gönnung (Wortschöpfung von Tom G aus B) gegönnt:


War schon lecker. Ehrlich. Wasser - grmpf. Tee - noch mehr grmpf. 3 l am Tag - kaum zu schaffen. Raus ausm Laden, Flasche aufgedreht - Zisch! Lecker.

Ansonsten dümpelt es wirklich ziemlich. Habe heute mal im Büro angerufen, aber da hatte keiner Zeit, mit mir zu sprechen. Haben alle ganz viel zu tun. Ich bin raus... ging ja schnell. 

Als kleine Nebenwirkungen KEINE!!!! Übelkeit - und das ist mir echt schön. Wunder Mund, Zahnpasta geht gar nicht, Schwindel und Kreislauf. Und die Frage: Wie wird die von allen sogenannte "kleine Chemo"?  Und meine Wimpern sind wech - schnief. Aber, meine Damen und Herren - ich habe noch Augenbrauen! Was will man mehr :-)

Als weitere Nebenwirkungen möchte ich Vergesslichkeit nicht unerwähnt lassen. Ah eine Whatsapp, huch ein Anruf, rufe ich nachher zurück - zack vergessen. Krass. Und schlechte Sehkraft. Lesen kann ich leider gar nicht. Und wenn ich aufs Handy starren möchte, muss ich auch die Augen zusammenkneifen. 

Leben ist jetzt so ein bisschen komisch, gar nicht tinalike. Gestern wieder nen Waldspaziergang mit Lotte - brauche langsam nen Schuhputzer, leichter Schneeregen, Dreck, Kälte - aber schön. 

Dann gäbe es noch zu berichten, dass die Waage mich auf 72 kg schätzt, obwohl ich gut esse, finde ich. Nur halt nicht wirklich was wirkliches. Hätte nie gedacht, dass die Frage "was koche ich heute" nach 21 Jahren mit Kindern noch so nervenaufreibend sein kann. 

Nichtsdestotrotz (mein Lieblingswort ich schwöre) hätte ich gern wieder teil am normalen Leben. Ich schaffe es abends, mich bis max. 21.00 h wach zu halten, dann penne ich - vorzugsweise auf der Couch - und bin natürlich um 4.00 h wach - LANGWEILIG! 

Alle Quizdueller mal bei mir melden bitte - ich fordere euch dann gegen 4.00 h nachts raus :-)

Noch ne Neuerung: Jetzt könnten ja meine Haare langsam wieder und so - und ich habe heute Nacht ohne Mütze geschlafen. Na. Punk ist nicht tot, Punkt trinkt Fanta und schläft ohne Mütze.

Ich habe letzte Woche eine Frau getroffen, der haben sie eine 9 cm Tumor entfernt. Und sie hat "nur" Bestrahlung! Da ist er wieder - der kleine Neid. Aber wenn ich keine anderen Probleme habe...

Schön, wenn ihr hier noch mitlest.

Tina

Montag, 5. Februar 2018

Zuckerbrot und Peitsche

Was Sonne alles zu heilen vermag :-) 

Nach meiner Auskotzaktion geht es mir doch erheblich besser - ich war jetzt jeden Tag mindestens 10 Minuten auf dem Balkon und hab mein Gesicht in die Sonne gehalten. 

Die Nebenwirkungen sind bis jetzt wirklich einigermaßen auszuhalten - ich mag sie gar nicht mehr alle aufzählen, die, die Bescheid wissen, wissen Bescheid, die, die nicht Bescheid wissen, freuen sich an dem blauen Himmel und der Sonne :-) 

Leider bin ich ganz schön geschwächt - Tom ist heute mit mir zu REWE "gerannt" - das Tempo kann ich gar nicht mehr gehen. Da muss ich auch dringend mal was tun und hoffe, wir machen am Wochenende wieder ne Lotte-Runde durch den Grunewald. Das baut Kondition und Muskeln auf (oder so). Und morgen früh gibt es eine Tanzrunde durchs Wohnzimmer, schon um die ewig schlafende Bande zu wecken! Ach wie ist mir schön: Ferien. Himmlische Ruhe am Morgen. Leider nur eine Woche.

Sonst gibt es nicht viel zu berichten, hatte nur ein bisschen Gewissen ob meines Beitrages vom WE.

In diesem Sinne: Wir machen weiter! 

Tina


Samstag, 3. Februar 2018

Spoiler: Könnte Spuren von runterziehenden Passagen enthalten

Donnerstag noch ganz siegesgewiss: Die 4. große Runde überstanden - erster Etappensieg - Pustekuchen. Der nächste Tag präsentiert sich in grau und kalt, ich weiß nicht, wie viele Stunden ich seit gestern geschlafen habe - tags und nachts - und habe das Gefühl, mir entgleitet alles.

Bin weder Frau noch Mutter, weder Herrin über meinen Körper, schlurfe wie eine alte Frau von der Couch zum Klo und schnell wieder zurück. Jeder kleinste Erfolg im Haushalt wird (von mir) gefeiert - ich habe es geschafft, den Geschirrspüler auszuräumen und zu saugen. Alle Kinder sind zur Zeit bei mir und ich kann nur hilflos in den Schlaf gleiten, sie streiten lassen, sie nonstop zocken lassen und hoffen, dass sie sich ab und an was in den Mund schieben. Wie soll man das auch erklären? Dieser Ekel vor Essen, dass man nur kaut und schluckt, damit die Kräfte nicht noch mehr schwinden. Und aktuell die Frage: Wofür mache ich das alles hier? Bin ich irgendwann humorlos tumorlos (Steilvorlage - musste ich mitnehmen), dafür aber seelisch im Eimer?

Es gab jetzt so viele gute Tage seit der Diagnose - aber momentan überwiegen die schlechten. Vielleicht auch der fehlenden Sonne geschuldet. 

Ich gebe alles, versuche, mich innerlich anzufeuern, war immer froh über meine Unabhängigkeit und hätte jetzt gern jemanden an meiner Seite, dem ich mein ganzes Leid vor die Füße kotzen kann. Die eigenen Kinder sollten diesen Job nicht machen. 

Mir ist der Ernst der Lage bewusst, ich habe für den 1.3. einen Termin bei einer Psychologin, für ein erstes Vorgespräch. Einen Platz hat sie danach für mich nicht - beginnt dann wieder das große Warten auf einen Therapieplatz? 

Zytostatiker Runde 4 knabbert sich jetzt durch meinen Körper und immer die Angst, was bleibt von mir noch übrig? Was erwartet mich und meinen Körper noch? Wie kann ich meiner Seele helfen? 

Heute möchte ich mich selbst ganz doll bemitleiden und habe kaum die Kraft, mich am Schopf zu packen und da rauszuziehen. Mir fehlt die Perspektive. 

Ich war immer Arbeiten, immer Mutter und sehe jetzt meinem Kontostand beim Schrumpfen zu. Und wünsche niemandem, dass er durch so eine Scheiße jemals durch muss. 

Meine Tante sagt immer: Tina - nicht Deinen Humor verlieren - und ich versuche es. 

Aber ein Lichtblick muss her. Etwas Kraft muss her. 

Immerhin hat Tom das Halbjahr als Klassenbester abgeschnitten und auch Leon geht seinen Weg- Joni sowieso - ist fleißig, fährt zu Uni, lernt, geht arbeiten. Also doch nicht alles verkehrt gemacht. Aber jetzt? Kann ich kaum für sie da sein. Kann mich nicht mal um mich kümmern.

Tina Halbevita - Lesson 2 zur Hälfte bewältigt. Hola