Donnerstag, 31. Januar 2019

Der normale Infekt

Da mach ich nun schon so lange blau und was soll ich sagen?

Ich bin krank. Richtig krank. Zum ersten Mal normal krank. Allerdings mit allen grippalen Symptomen, die man so kennt, und Fieber seit fast fünf Tagen. Fühlt sich gut an. Normal krank. Allerding bin ich doch erschrocken ob der Heftigkeit. Ist wahrscheinlich dem spärlich vorhandenem Immunsystem zu verdanken? 

Obwohl ich mich gerade in mein Rehaleben eingegrooved habe, 2 x zum Rehasport pro Woche bin, 2 x zur Lymphdrainage und was man alles so für Quatsch macht. Und jetzt wirft mich dieser Infekt mächtig zurück. Macht mich sauer. Ich wollte vorwärts.

Die Füße - bla, die Hände auch immer noch, aber in kleinen Schritten krabbel ich vorwärts.

Nun ja - so ein Infekt. Trinke ich halt Ingwer (und wehe man nennt mich Lügnerin), trinke ich Kräutertees (leises Weingeräusch meinerseits vorstellen), trinke ich ganz viel Flüssigkeit, an der ich fast ertrinke. Aber ich bin ja im Training! Kann mich nicht schocken.

Im April erwartet mich die Arbeitswelt dann wieder, oder auch nicht, es bleibt spannend und mir ein Rätsel, wie ich eine 40-Stunden-Woche hinter mich bringen soll. Ich sage mir jeden Tag die Namen meiner drei Kinder auf und ihre Geburtsdaten, damit hat es sich dann aber auch. Der Satz, den ich in den letzten Monaten am meisten gehört habe? "Hast Du mir schon erzählt!!" Na und! Ich darf das. Kleiner Knigge im Umgang mit Chemogeschädigten: Freundlich nicken und winken :-) Irgendeine Ärztin meinte (welche war das nur?), das gäbe sich wieder... Sagte sie auch wann?

In diesem Sinne: Euch allen ein gesundes und frohes Jahr 2019.

Tina G aus B




Montag, 7. Januar 2019

2019 muss rocken

Da bin ich - immer noch - immer noch mit all der Wucht der Polyneuropathie und dem Wissen, dass das Arbeitsleben mich spätestens zum 23.04.2019 komplett wieder hat. Und was soll ich sagen - es raubt mir den Atem.

Das, was mich auch ausgemacht hat - war zum großen Teil mein Job. Jetzt fühle ich mich fremd. Ich war vor Weihnachten nach über einem Jahr mal wieder im Büro (hier bitte leise Würgegeräusche vorstellen) und fühlte mich fremd, in dieser Welt, die mal sowas von meine war. 

Was bleibt? Was kommt? 

Montag - Rehasport
Dienstag - Lymphdrainage
Mittwoch - Rehasport
Donnerstag - Psychologin
Freitag - Lymphdrainage

Herrschaftszeiten - ich kann so nicht arbeiten. Und ab Februar kommt noch Gruppentherapie hinzu - keine Angst - ich werde meinen Namen nicht tanzen :-)

Kann ich so tun, als wäre nichts gewesen und wieder im Büro ackern? 220 Anschläge die Minute sind - Polyneuroblabla sei Dank - nicht mehr drin. Mitdenken, sich was merken, auf Zack sein - Chemobrain sei Dank - auch nicht. 

Na ja, und dann könnte ich hier noch über diese wunderbare Königspudelfrisur referieren, ich lass es mal lieber :-) Volles krauses Haar, immer noch recht ponylos. Okay ich wollte ja nicht, aber....

Wohin hat das alles geführt. Ich war voller Angst, am Anfang, ich war voller Wut, Trauer, Hoffnung - jetzt ist bitte schön wieder Normalität angesagt. Aber kann ich nicht mehr. Ich geh meistens immer noch mit Stock wankend durchs Leben, meine Gelenke brüllen mich an, nicht ein Tag ohne Schmerzen. Ich bin mürbe. Und finanziell am Limit. Ergo: ich muss arbeiten.

Ich hab das noch nicht zu 30 % verarbeitet, was mir da die letzten 15 Monate passiert ist, wie kann ich da wieder back to normal versuchen? Soll das so sein?

Ich kann keine Stunde am Tisch sitzen, ich muss Füße hochlegen, wahlweise laufen, bin immer noch so wütend und hätte gern die ersten Taxolsitzungen zurück. Da bin ich durchs Leben gerannt, war hier gucken, da in die Läden, hier "hingerannt" (Sister K wenn Du jetzt lachst, klatscht es :-) ). 

Die Nebenwirkungen vom Aromatasehemmer sind ein Träumchen, neben der Polybla kaum auszuhalten - gibt es wirklich keine Aussicht auf ein einigermaßen normales Leben? 

Habe im März die nächste Mammo mit Sono und jetzt schon leichtes Herzklopfen. 

Und ich schwöre - kein Mensch in meinem Umfeld kann das noch hören. Ich auch nicht. Wenn ich Leute am Telefon habe, die fragen, wie es mir geht, sag ich "gut". Und denke "nicht". Wie viel Ehrlichkeit geht noch. So viele tolle Menschen an meiner Seite, keine Chemo ohne Begleitung, keine Bestrahlung alleine - aber der Krug, Brunnen, bricht oder so. 

Viele tolle Menschen kennengelernt, aber alle irgendwo am Limit, nach fast 1 1/2 Jahren struggle for life - gewidmet meinem schwäbischen Biolehrer, der das so oft so nett ausgesprochen hat, dass ich noch heute kichern muss.

Ich kann noch kichern, lachen, aber weniger. 

Ich will mich neu erfinden, irgendwie, will beruflich irgendwas, aber was? 

All der Kack fiel auch in eine Zeit, in der die Kinder flügge wurden, flügge werden müssen, wieder ne Aufgabe weniger für mich. 

In der Psycho geh ich durch Tiefen, die ich nicht mal erahnen konnte. Ich finde, Krebs, Chemo, Bestrahlung reichen eigentlich schon, da muss ich mein Leben nicht aufdröseln, findet meine Therapeutin leider nicht. Also geh ich in mich, krempel mich um, erfinde mich leider nicht neu und lebe immer noch :-)

Das mich das nach dem Ende von allem so aus der Bahn wirft, hätte ich nicht gedacht., Ich dachte, ich mach das mal, dann bin ich da durch, dann stehe ich auf. Und liege leider immer noch sehr viel. 

Ich weiß, hier liest kaum noch einer und ich war auch versucht, den Blog zu schließen, aber nö. Der ist jetzt ein Teil von mir. 

Also wer mag, der ist dabei (dasindwirdabeidasistprimaaaaaaaaaaaaaaaaa), nicht mehr ganz so regelmäßig und ich weiß, ich werde aufstehen. Mein Opa war ein Kämpfer, und ich hoffe ich hab was von ihm. 

Keine Ahnung, gegen was ich jetzt kämpfe, das sind nicht die Geister, die ich rief, das ist mir einfach so passiert. Und ich nehme es zum Teil an, aber nicht voll. 

Okay, ziemlich tiefschürfend heute hier, aber muss ja auch mal sein :-)

Danke fürs Lesen, Danke für euren Zuspruch!

Tina - hobbylos leider :-)